MIKROABENTEUER

Wandern vor der Haustür

Da höre ich gleich die Frage: „Ja, warum denn nicht?“

Auf dem Lande mag das leicht sein. Ich hingegen wohne in der Stadt, mitten in Kassel, mit viel Asphalt und Stein um mich herum. Nicht gerade die Umgebung, in der man gerne wandern möchte. Ich habe zwar den Park Schönfeld fast vor der Haustür, aber das ist für mich keine Parkanlage in der ich gerne spazieren gehe. Eine wunderschöne Strecke, um mit dem Fahrrad an die Fulda zu radeln, aber eher öde zum Wandern oder Spazieren.

Das erste Mal stellte sich mir die Frage, nach einer schönen Wanderung von der Haustür aus, im Februar 2021, als ein extremer Wintereinbruch sibirische Verhältnisse in Hessichsibirien schuf. Drei Tage lang war es nicht möglich mit dem Auto irgendwohin zu fahren. Da ich wahnsinnig gerne im Schnee wandern wollte, habe ich meine Wanderkarte gezückt und geschaut, wie ich möglichst schnell von Asphalt und Stein wegkomme.

Von der Dönche aus zieht sich der Marbachsgraben in die Stadt hinein. Daran schließt sich ein Grünzug am Helleböhnweg, der nicht weit von meiner Wohnung entfernt ist. So hatte ich die Möglichkeit relativ schnell „im Grünen“ zu sein. Aus diesem Erlebnis ist die Idee entstanden, auch größere Wanderungen von der Haustür aus zu starten. Auf neudeutsch nennt man das Mikroabenteuer.

Im Sommer war es dann so weit und ich startete meine erste Tour: Von der Haustür bis zum Hohen Gras und wieder zurück. Einzige Herausforderung: so viel Grün wie möglich! Los ging es, den Helleböhnweg entlang in den Marbachsgraben, vorbei an der Landesfeuerwehrschule durch die Ausläufer der Dönche. An der Konrad-Adenauer-Straße war ich schon recht stolz auf mich, das geschafft zu haben. Ich hatte mir ein Päuschen verdient. Weiter ging es über den Kuhberg bis zum Herbsthäuschen. Ab hier wird es noch steiler. Nun noch die Skipiste rauf und schon war ich am Hohen Gras. Stolz wie Bolle stand ich vor dem Turm auf 614 m. ü. NN. Okay, für einen Alpinisten nur ein Hügel, aber für mich eine neue Herausforderung, die ich gut gemeistert hatte. Nun gab es zwei Möglichkeiten: zum Bus laufen und bequem nach Hause gefahren werden oder wieder zurück laufen. Da musste ich nicht lange überlegen. Gepuscht von dem Erfolg trat ich den Rückweg über den Ziegenkopf, am Habichtspiel vorbei nach Neuholland an. Entlang des Aschgrabens – in dem ich genüsslich meine Füße abkühlte – setzte ich meine Wanderung fort, vorbei am Asch-See ins Druseltal und von dort durch die Dönche am Westfriedhof entlang zum Helleböhnweg. Nach knapp 20 km und etwa sechs Stunden kam ich erschöpft, aber stolz und zufrieden mit meiner Leistung zu Hause an.

Probiere es aus und suche dir in deiner Stadt einen Weg mit maximal Grün. Meine nächste Tour soll den Herkules zum Ziel haben.