KULINARIK

Besoffene Früchte – feinste Liköre

Zum Ansetzen eines Likörs werden Früchte, hochprozentiger Alkohol, Zucker und ein großes Glas benötigt. Wer mag, kann auch Gewürze hinzufügen. Ich mag es nicht.

Die Mazeration, also das Herauslösen von Aromen und Inhaltsstoffen aus den Früchten bzw. Blättern wurde bereits Ende des 13. Jahrhunderts zur Herstellung von Medizin angewendet. Im 14. Jahrhundert wird dem Mazerat Zucker zugesetzt und damit war der Likör geboren. Zunächst war das Getränk nur dem Adel vorbehalten, da Zucker ein sehr teurer Rohstoff gewesen ist. Katharina von Medici hatte sogar ihre eigenen Spezialisten zur Likörherstellung. Mit dem Kolonialismus und der Entdeckung des Rübenzuckers wurde der Süßstoff und damit auch der Likör, einer breiteren Masse zugänglich.

Vor vielen Jahren habe ich nach einem Rezept mein erstes Schlehenfeuer hergestellt. Die ersten Versuche waren mir zu süß, die folgenden Experimente hatte ich nicht notiert. In den vergangenen Jahren habe ich erneut experimentiert und genau aufgeschrieben wie viele Beeren auf wieviel Alkohol kommen, wie lange man den Ansatz idealer Weise stehen lässt und wieviel Zucker am Ende hinzu gegeben werden muss, um einen fruchtig süßen Likör zu bekommen.

Es gab noch weitere Likörexperimente mit anderen Früchten. Mit Granatapfel oder Brombeere sind sie für meinen Geschmack gescheitert. Der Likör schmeckte sehr alkoholisch und je mehr Zucker ich hinzu gab, desto süßer wurde er, jedoch blieb die alkoholische Note und der Fruchtgeschmack trat in den Hintergrund. Ich hing meine Likörexperimente an den Nagel, bis ich mit einer Freundin in den Alpen zwischen Latschenkiefern wanderte und wir uns, inspiriert durch den Tiroler Zirbenlikör, überlegten, ob man die Zapfen der Latschenkiefer vielleicht auch zu Likör verarbeiten kann. Gesagt getan, wir haben es gewagt und es ist ein köstlicher Likör entstanden mit einer leicht harzigen Note. Angefixt von dem Erfolg und durch die Pandemie gelangweilt kam nun alles in Alkohol, was anderweitig nicht verarbeitet werden konnte: grüne Walnüsse, Himbeeren, Marillen, Kräuter, Kornelkirschen und Speierling. Je nach Frucht habe ich verschiedene Alkohole für die Ansätze gewählt. Ich bin gespannt, wie sie werden und welche Früchte ich noch besoffen machen werde.