WANDERN

Wandern von Eberschütz nach Liebenau: zwischen Quäkern und Hajeben

Wandern mit dem Wanderverein

[enthält Werbung] Mitte Oktober habe ich einen weiteren Abschnitt des Diemeltaler Schmetterlingssteigs – von Eberschütz nach Liebenau – mit dem Hessisch-Waldeckischen Gebirgs- und Heimatverein e. V. – Gesamtverein – (HWGHV) entdeckt. Im Frühsommer bin ich bereits von Liebenau nach Haueda gewandert. Die letzte von drei angebotenen Wanderungen des HWGHV zum 50jährigen Jubiläum des Landkreises Kassel führte uns auf insgesamt ca. 10 Kilometer sowohl auf dem Diemeltaler Schmetterlingssteig als auch auf dem Märchenlandweg von Eberschütz über Lamerden nach Liebenau. Der Tag begann mit Nieselregen und Straßenbahnen, die nicht fuhren. Meinen Kaffee in der Markthalle Kassel bekam ich trotzdem und dann ging’s auch schon los Richtung Nordwesten ins Diemeltal.

Perfekte Kleidung für den Herbst: Kuschelige Wolljacke

Das Wetter war sehr herbstlich: Sonne, Wind, Bewölkung und Nieselregen. Mit meiner neuen Wollfleece-Jacke von Vaude von meinem Kooperationspartner Kletterkogel macht mir das alles nichts aus. Die Jacke ist kuschlig warm, bringt mich jedoch nicht zu sehr ins Schwitzen, wenn es bergauf geht. Der hohe Wollanteil bringt diesen Vorteil. 

Im Diemeltal bei Eberschütz

Die Wanderung startet in Eberschütz, einem kleinen, etwas verschlafenen, aber hübschen Stadtteil von Trendelburg. Wegen der vielen Frösche in der Diemelaue haben die Eberschützer den Spitznamen „Quäker“ bekommen. Neben der Landwirtschaft lebten die Dorfbewohner im 18. und 19. Jahrhundert von der Leineweberei.

In Eberschütz scheint die Sonne und nur ein paar Wolken verdecken den blauen Himmel. Leider müssen wir auf den Bus, in dem die Hälfte der angemeldeten Teilnehmer sitzt, warten. Mir kommt das gelegen, so habe ich Zeit, mir die Kirche anzusehen. Im Kern romanisch, wurde sie mehrfach erneuert und umgebaut. Der Innenraum ist schlicht und besticht durch seine asymmetrische, konisch zulaufende Empore. Durch die schmucklosen Wände wird das bunte Bleiglasfenster besonders in Szene gesetzt.

Nach einer halben Stunde erfolglosen Wartens laufen wir nun doch los, zunächst der Hümmer Straße folgend Richtung Hümme. Beim Überqueren der Diemel fällt die Alte Mühle auf, in der heute mittels Wasserkraft Strom erzeugt wird. Die Turbinen haben wir beim Warten auf dem Wanderparkplatz an der Kirche schon gehört. Hinter der Brücke, die derzeit saniert wird, halten wir uns rechts auf dem Diemeltaler Radweg und entdecken eine junge Streuobstwiese. Hier wird für jedes Neugeborene ein Obstbaum gepflanzt. Scheinbar eine jüngere Tradition dieser Region, denn ein Mitwanderer berichtet, ebenfalls einen solchen Baum gepflanzt bekommen zu haben, nur eben in einem anderen Ort. Wir kommen zum ehemaligen Bahnhof der Friedrich-Wilhelm-Nordbahn, überqueren die Gleise und laufen nun parallel zu diesen auf einem Asphaltweg. Auf die Eberschützer Klippen, einem Naturschutzgebiet und vermutlich einer heidnischen Opferstätte, haben wir nur einen kurzen Blick. Die werde ich ein anderes Mal genauer erkunden.

Muschelkalk bei Lamerden

An die Eberschützer Klippen schließt sich fast unmittelbar das Naturschutzgebiet Kalkmagerrasen und Diemelaltwasser bei Lamerden an. Wir können den Kalkmagerrasen über einen Acker vom Weg aus sehen. Im Gegenlicht der Sonne ist es eine ganz besondere Szenerie mit den Wachholdersträuchern. Wir wandern weiter zwischen den Äckern auf einem Wiesenweg, wo wir wieder auf den Diemeltaler Schmetterlingssteig stoßen, und schließlich in einen bunten Blättertunnel abtauchen. Dahinter wird die Landschaft hügelig und der Blick öffnet sich auf den Heuberg, eine der höchsten Erhebungen entlang des Diemeltals. Der schöne Weg endet auf einem Asphaltweg, dem wir nun bis Lamerden folgen. In Lamerden überqueren wir wieder die Diemel und machen Rast an der Friedenseiche, mit einer wunderschönen Aussicht über den Fluss, die Felder und die Weiden im Diemeltal. Die Friedenseiche wurde 1872 nach dem Deutsch-Französischen-Friedensschluss gepflanzt. Sie ist also in diesem Jahr genau 150 Jahre alt.

An einem wunderschönen Fachwerkhaus an der Kirche befindet sich eine Informationstafel zum Eco-Pfad Muschelkalk im Diemeltal. Die Eco-Pfade sind meist Rundwanderwege, die die Geschichte der Region erlebbar machen. Aber dazu ein andermal mehr. In dem 1681 errichteten diemelsächsischen Längsdielenhaus befindet sich heute ein kleines Museum. Auch hierfür werde ich mir ein andermal Zeit nehmen, denn hier befindet sich ein Teil des Sensationsfundes, der 235 Millionen Jahre alten Seelilien aus dem Muschelkalk bei Lamerden.

Auf der Schanze bei Lamerden

Wir wandern nun weiter auf dem Märchenlandweg, der hier ein Stück parallel zum Diemeltaler Schmetterlingssteig verläuft. Der Märchenlandweg ist ein 440 Kilometer langer Wanderweg durch Nordhessen, Südniedersachsen und Ostwestfalen. Im Jahr 2000 wurde das vom HWGHV erarbeitete Streckennetz eröffnet. Nun soll es neu gezeichnet und wieder belebt werden. Hinter dem Ort geht’s rauf auf die Schanze. Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) war der Opferberg Kriegsschauplatz zwischen Preußen und der Allianz. Für diese wahnsinnig schöne Aussicht sollte man sich einen Moment Zeit nehmen. Bänke laden dazu ein.

Vor dem Walde und Liebenau

Hier oben weht ein frischer Wind und es werden immer mehr Wolken. Wir verlassen Hessen und befinden uns ein kurzes Stück auf „feindlichem“ Gebiet. Mitten auf dem Acker treffen wir auf ein Gehöft, welches den sehr passenden Namen „Vor dem Walde“ hat. Im Wald verlieren wir die Wegmarkierung des Märchenlandwegs und laufen ein gutes Stück in die falsche Richtung und damit nicht genug, verlieren wir hier noch zwei Teilnehmer, die wir aber glücklicherweise bald wieder einsammeln können. Kurz bevor wir den Wald verlassen, überschreiten wir wieder die hessische Grenze. Ein langer, gerader Asphaltweg liegt vor uns und wir sehen in der Ferne die Daseburg. Auch hier verlaufen Märchenlandweg und Diemeltaler Schmetterlingssteig wieder parallel. Entlang der geraden Strecke befindet sich ein Wildschutzzaun, hinter dem eine Ausgleichspflanzung für den Flughafen Calden wächst.

Mit der nächsten Biegung fällt der Weg ab und windet sich geschmeidig entlang der Topografie der Hügel. Wieder tut sich ein Blick auf das Diemeltal auf, der einfach beeindruckend ist. Besonders jetzt im Herbst, wo die kleinteilig strukturierte, hügelige Landschaft in grün, gelb, orange und rot leuchtet. Nun liegt Liebenau vor uns, das Ziel der Wanderung. Auch die Liebenauer haben einen Spitznamen, die „Hajeben“, zu deutsch Hagebutten, die auf dem Kalkmagerrasen so zahlreich wachsen. In der Diemelstube lassen wir die Eindrücke ausklingen und begeben uns auf den Rückweg nach Kassel.