Südtirol

Zwei Wanderungen bei Bozen

Blick über die Weinberge um Bozen zu den drei Zinnen in den Dolomiten

Wandern in Bozen, das lässt sich wunderbar mit einem Städtetrip verbinden. Dazu gibt’s noch gutes Essen und guten Wein. Kann ein Sommerurlaub besser sein?

Im September 2021 startete ich mit Freunden von Bozen aus zu einer Hüttentour entlang des Sarntaler Hufeisens. Auf der Seilbahnfahrt entdeckte ich in einiger Entfernung faszinierende Gesteinsformationen, die ich gerne näher betrachtet hätte. Bei genauerer Recherche stellte sich heraus, dass es sich um Erdpyramiden handelt. Diese wollte ich irgendwann einmal besuchen kommen.

Die Einrichtung einer Fluglinie von Kassel-Calden nach Bozen in diesem Jahr erinnerte mich an diese Erdpyramiden und ich plante mit einer Freundin einen Kultur-Wander-Urlaub in Bozen. Letztendlich sind wir nicht geflogen, weil ich dies mit meinem Gewissen und vor allem mit meinem Geldbeutel nicht vereinbaren konnte. Für einen Kurzurlaub ist diese Verbindung jedoch durchaus attraktiv.

Dieser Beitrag soll kein vollständiger Urlaubsbericht werden und auch nicht alle kulturellen Aktivitäten, die wir gemacht haben aufführen. Hier möchte ich zwei wunderschöne Wanderungen vorstellen, die ganz bequem von Bozen aus möglich sind.

Erdpyramiden bei Oberbozen

Anreise nach Oberbozen

Unsere Unterkunft befand sich mitten in der Altstadt. Von hier aus starteten wir unsere erste Tour zu den Erdpyramiden. In nur knapp 15 Minuten zu Fuß erreichten wir die Talstation der Rittner Seilbahn, die uns in 12 Minuten von 276 m ü. d. M. auf 1227 m ü. d. M. nach Oberbozen brachte. Von der Gondel aus hat man einen wunderschönen Blick über die Stadt, die Weinberge und die Wälder, die Bozen umgeben. Auch dort oben waren es noch deutlich über 30°C und die Sonne brannte erbarmungslos. Nach einem kurzen Besuch in der Information machten wir uns auf den Weg und folgten der Beschilderung zu den Erdpyramiden.

„Kaiserstraße“

Der Weg führte uns zunächst am südlichen Rand von Oberbozen entlang, vorbei an einem Freibad. Warum hatten wir uns nochmal entschlossen keine Badesachen mit zu nehmen? Wir ärgerten uns nur kurz, denn dann hatten wir einen sensationellen Blick auf die Dolomiten. Kurz drauf führte und sie Beschilderung auf einen historischen Weg, die „Kaiserstraße“, über die bereit im Mittelalter die Kaiser Richtung Rom zogen. Zunächst in Vergessenheit geraten, erlangte der Weg um 1550 erneut an Bedeutung und führte die Städter zur „Sommerfrische“ aus dem Tal nach Oberbozen, um der Hitze der Stadt zu entfliehen.

Porphyr

Der Porphyr ist ein vulkanische Gestein, welches extrem wasserdurchlässig ist, wie wir auf den Infotafeln entlang des „Kaiserweges“ erfahren. Das Wasser versickert auf diesem Untergrund sehr schnell und tritt erst weiter unten in Form von kleinen Quellen wieder auf. Dadurch gehört der Ritten zu den wasserärmsten Gebieten in den Alpen.

Erdpyramiden im Rivelaungraben

Bald hatten wir auch schon die erste Aussichtsplattform mit Blick auf die Erdpyramiden im Rivelaungraben erreicht. Fasziniert von der Schönheit und Kuriosität machten wir erstmal einige Fotos. Der Ursprung dieser skurrilen Formationen liegt in der Späteiszeit, wo der Eisacktaler Gletscher den abgelagerten Moränenlehm zu den vorhandenen Steilwänden formte. Durch Niederschläge wird der Moränenlehm ausgewaschen und überall dort, wo ein Stein im Lehm ist entsteht eine Erdpyramide. Sobald der Stein herabfällt, verschwindet die Pyramide und irgendwo anders entsteht eine Neue. Es lohnt sich immer noch ein Stück weiter zu gehen, denn meistens ist die zweite Aussicht auf die Erdpyramiden noch imposanter.

Wir gingen den Weg ein Stück zurück, um wieder auf der Hauptroute weiter talabwärts zu wandern. Wir kommen an der Moar-Hofschänke vorbei, die leider am Dienstag Ruhetag hat. Traurig darüber, das wir keinen Kaiserschmarrn bekommen wandern wir weiter Talabwärts. Die Aussichten entschädigen jedoch und schließlich kamen wir zu einem weiteren Standort der Erdpyramiden. Der Blick von der Aussichtsplattform ist schon schön, aber da geht ein ganz schmaler Pfad auf einen kleinen Hügel hinauf. Das machte mich neugierig und ich kraxelte hinauf. Die Aussicht ist grandios, jedoch sollte man schwindelfrei ein. Nun verstand ich auch das Schild unten, welches in die eine Richtung symbolisch auf mehrere Erdpyramiden verweist und in die andere Richtung nur auf eine. Ein riesiger Steinbrocken liegt auf einer Erdpyramide.

Wir gingen um den Hügel herum und konnten nun die gigantische Erdpyramide ganz nah von unten betrachten. An solchen Naturschauspielen kann ich mich immer kaum satt sehen, doch langsam machte sich der Magen bemerkbar, der noch nicht satt war, außerdem war für den Nachmittag ein Gewitter angesagt und wir mussten noch rauf nach Oberbozen.

Besuch beim Ötzi im Südtiroler Archäologiemuseum

Zurück in Bozen war erstmal eine Dusche fällig. Dann machten wir uns auf die Suche nach Kaiserschmarrn und fanden ein Café am Obstmarkt in dem wir zumindest einen Apfelstrudel bekamen. Der Himmel wurde immer dunkler und ein starker Wind zog auf. Wir bezahlten und liefen schnell zum Südtiroler Archäologiemuseum, denn wir wollten Ötzi besuchen. Die nun folgende Werbung für das Südtiroler Archäologiemuseum wurde mir nicht bezahlt. Ich war begeistert von diesem Museum! Es wird sehr umfassend über den Fund und die folgenden Untersuchungen an dem „Mann aus dem Eis“ und vielen weiteren Gegenständen, die er bei sich trug berichtet. Normalerweise mag ich Museen nicht, in denen viel zu lesen ist, um die ausgestellten Objekte zu verstehen. Hier sind die Texte jedoch sehr angenehm geschrieben und geben Aufschluss über das Leben Ötzis, was ein jähes Ende am Tisenjoch fand und die Gegenstände die er bei sich trug.

Schloss Runkelstein und St.-Oswald-Promenade

Schloss Runkelstein in Bozen

Am zweiten Wandertag ist für den Vormittag ein Gewitter vorhergesagt. Wir starten wieder von unserer Unterkunft in Bozen und machen uns zeitig auf den Weg, um entlang des Flusses Talfer, noch vor dem Gewitter, zu Schloss Runkelstein zu kommen. Mit den ersten Regentropfen steigen wir den Schlossberg hinauf. Perfekt geplant!

Wer sich für mittelalterliche Fresken interessiert, muss Schloss Runkelstein gesehen haben und wer sich noch nicht dafür interessiert, ist mit Sicherheit trotzdem fasziniert. Der erste Satz auf der Website verspricht viel: „Schloss Runkelstein beherbergt den größten profanen Freskenzyklus des Mittelalters“ und tatsächlich habe ich bislang nirgends so viele und gut erhaltene Fresken gesehen wie dort. Erst am nächsten Tag in Dominikanerkirche am Dominikanerplatz, allerdings handelt es sich dort um religiöse Darstellungen.

Lieder konnten wir nicht alle Räume besichtigen, aber die der Rittersaal und der Wappensaal zeigten einige gut erhaltene Fresken. In den folgenden Räumen, dem Saal der Liebespaare, der Badestube und dem Turniersaal faszinieren fast vollständig erhaltene Fresken mit ihrer Detailliertheit der Darstellungen von Menschen und Tieren. Nicht alle Tiere sind realistisch dargestellt (wie der Elefant), hingegen scheint der gemalte Faltenwurf an der Wand im Saal der Liebespaare auf den ersten Blick fast echt. Die Fresken geben einen guten Eindruck in das höfische Leben und die Mode des Mittelalters.

Bevor wir wieder zu unserer Wanderung aufbrachen schauten wir noch in die Kapelle und genossen den Ausblick auf Bozen und das Sarntal vom Turm aus.

Kerschtenweg, (Kerschten = Kastanien)

Nachdem wir aus dem Innenhof hinaus über die Brücke gingen, zweigten wir links ab, den Berg hinauf. Zu meiner Überraschung wanderten wir nun auf dem Kerschtenweg, einer Fernwanderstrecke von Bozen nach Brixen, die ich gerne einmal im Herbst, wenn die Kastanien reif und der erste Wein gekeltert ist, wandern möchte. Wir kamen an einem ersten Weinberg mit einer interessanten Einzäunung aus Holzlatten und Zweigen vorbei, bevor wir durch einen Niederwald aus Steineichen und Kastanien, weiter bergauf wanderten.

Schon stießen wir auf einen der wohl bekanntesten Wanderwege, den Jakobsweg. Diesem folgten wir ein Stück Richtung Bozen und kamen wiederum an Weinbergen vorbei. Über die Reben hinweg hatten wir eine fantastische Aussicht auf das Tal der Talfer und auf Bozen. In der Kehre der Asphaltstraße zweigte unser Weg zur St.-Oswald-Promenade ab und nun folgte ein relativ steiles Stück Weg bergab. Begleitet vom zirpen der Gottesanbeterinnen gingen wir gemütlich durch den Wald. Plötzlich öffnete sich der Blick wieder auf die Stadt und wir erreichten bald darauf das Denkmal für den Bozener Förderer der touristischen Entwicklung der Stadt, Karl Ritter von Müller. Hier legten wir eine kurze Rast ein, genossen in der prallen Sonne unsere mitgebrachte Jause und die Aussicht auf das Dächermeer der Stadt.

St.-Oswald-Promenade in Bozen

Nun wanderten wir weiter auf der St.-Oswald-Promenade Richtung St. Magdalena. Hätten wir gewusst, dass dies eigentlich eine Sackgasse ist, so hätten wir uns anders entschieden. Trotzdem kann ich die Strecke sehr empfehlen. Von der St.-Oswald-Promenade hat man immer wieder schöne Aussichten auf Bozen und die Landschaft in der Umgebung mit ihren Weinbergen, Wäldern und Bergspitzen. Durch die sonnige Lage findet man hier verschiedenste mediterrane Pflanzen, wie zum Beispiel die Kaktusfeige. Einige Infotafeln verweisen auf die besondere mediterrane Flora und Fauna hin.

Hotel Eberle

Kurz vor dem Weindorf St. Magdalena stoßen wir auf eine Wegesperrung. Dahinter befindet sich das Hotel Eberle, welches im Winter 2021 durch einen Erdrutsch zerstört wurde. Die Sperrung war durchbrochen und wir sahen kein Hindernis, was uns den Weg versperrt hätte. Zurücklaufen wollten wir bei den Temperaturen nicht. Also stiegen wir ganz frech durch die kaputte Absperrung und gingen schnellen Schrittes am ehemaligen Hotel vorbei. Etwas beklemmend war es schon das Ausmaß des Schadens so dicht zu sehen. Die Felsbrocken und Trümmer waren bereits zum großen Teil weggeräumt und die Grube abgesperrt.

Weindorf St. Magdalena bei Bozen

Wohlbehalten kommen wir im Weindorf St. Magdalena an und machen als erstes einen Abstecher zum Kirchlein der heiligen Maria Magdalena, der Schutzpatronin der Winzer. Ein Schild informiert uns, dass auch hier wieder Fresken zu sehen sind. Leider war die Kirche jedoch geschlossen. Das Weindorf St. Magdalena ist umgeben von Weinbergen. Hier stammt der unter Weinkennern bekannte St. Magdalener her, der aus der Vernatschtraube gekeltert wird. Probiert habe ich ihn nicht, aber ich will ja ohnehin wiederkommen und dann werde ich mir auch den Schlüssen für dieses hübsche Kirchlein holen.

Die nächste Enttäuschung kam, als wir die Polizeisperrung der Straße sahen, die wir zurück nach Bozen nehmen wollten. Etwas ratlos standen wir zunächst herum und schauten auf der Karte nach Alternativen. Alle Möglichkeiten bedeuteten jedoch Umwege von mehreren Kilometern, was keine Option war. In einem Hof hörten wir, wie gearbeitet wurde und wir klopften an. Eine freundliche Dame erklärte uns, dass bei dem Sturm am Vortag ein Baum umgefallen sei, aber dass man uns als Wanderer sicher vorbei lassen würde. Puh, nochmal Glück gehabt.

Also gings eine extrem steile Straße bergab, vorbei an schönen jedoch zum Teil verfallenen Willen. Schließlich erreichten wir auch den Garten, in dem eine alte Zypresse umgefallen war, aber die Straße war bereits frei.

Wie schon währen der Wegebeschreibungen angeklungen, kann ich Bozen als Ausgangspunkt für Wanderungen sehr empfehlen. Besonders hat mir hier gefallen, dass man ganze Tage in der Stadt mit der Besichtigung von Museen und Kirchen verbringen kann, aber auch schnell draußen in der Natur und in den Weinbergen ist, um sich ein wenig vom Stadttrubel erholen zu können.