ENTDECKERTOUR

Ein Wochenende in Bad Sooden-Allendorf

Bei meinem Entdeckerwochenende in Bad Sooden-Allendorf war ich nicht alleine, sondern wurde von vier Freunden, die ich im letzten Herbst auf der Suche nach meinem Traumjob kennengelernt habe, begleitet. 

Anreise

Mit dem Zug ist man von Kassel aus in etwa einer Stunde in Bad Sooden-Allendorf und die Fahrt durch das nordhessische Mittelgebirge ist wirklich schön entlang der Fulda nach Hann. Münden und die Werra rauf bis Bad Sooden-Allendorf. Die erste Siedlung Allendorfs wird auf das 8. Jahrhundert unter Karl dem Großen datiert. Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort fast vollständig zerstört und bald darauf wieder aufgebaut. Daher kommt die sehr einheitliche Gestaltung aller Fachwerkhäuser. Viele sind liebevoll und denkmalgerecht saniert, einige sind baufällig. Aber die Geschlossenheit der Fachwerkansichten ist sehr beeindruckend. Wer Fachwerk liebt, sollte diesen Ort an der Deutschen Fachwerkstraße besuchen. Die beiden Orte Bad Sooden, linksseitig der Werra, und Allendorf, am rechten Werraufer,  schlossen sich 1929 nach über einhundertjähriger Trennung wieder zu einem Ort, Bad Sooden-Allendorf, zusammen.

Kaffee und Kuchen im Café Himmelspforte

Um die Mittagszeit am Freitag trafen wir nach und nach, aus verschiedenen Ecken Deutschlands, im Café Himmelspforte an der St. Crucis-Kirche in Allendorf ein. Mit Kaffee und Kuchen und einem Aperol starten wir bei herrlichem Sonnenschein und außergewöhnlich hohen Temperaturen in das letzte Oktober-Wochenende. Anhand der Erlebniskarte des GeoNaturparks Frau-Holle-Land erklärte ich den anderen, wo wir uns befinden, was die Region für Besonderheiten hat und was wir am Wochenende machen können.

Als nächstes bezogen wir unser Tiny-House „Eulennest“ direkt an der Werra. Der ehemalige Schweinestall wurde von seinem Besitzer liebevoll zu einer Ferienwohnung umgebaut. Von hier aus starteten wir unsere erste Tour durch den Ortsteil Allendorf.

Stadtspaziergang durch Allendorf

Rathaus, Hochzeitshaus und Steinernes Haus

Am Marktplatz steht das Rathaus mit einem Glockenspiel, welches täglich um 11 und um 17 Uhr spielt. Wir haben es leider nicht mitbekommen, wir waren immer zu früh oder zu spät. Links vom Rathaus steht das Hochzeitshaus. Hier wurden nicht nur Familienfeste abgehalten, sondern es war die Versammlungsstätte der Ratsherren, Pfänner, Zünfte und Vereine. Als nächstes stoßen wir auf das Steinerne Haus, in dem heute das Stadtbauamt seinen Sitz hat. Der Massivbau aus dem Jahr 1381 war der Burgsitz der Herren von Bischofshausen und später das städtische Rathaus. Das Steinerne Haus hat als eines von wenigen Häusern den Stadtbrand im Jahr 1637 überstanden. Der Fachwerkaufbau entstand erst im 19. Jahrhundert. An das Steinerne Haus schließt sich eine kleine Grünanlage mit einem großen Ginkobaum, der jetzt im Herbst in einem unglaublich intensiven Gelb leuchtet, besonders, wenn die Nachmittagssonne darauf scheint. Die Grünanlage wird von der noch erhaltenen alten Stadtmauer begrenzt.

Diebesturm

Wir gehen weiter durch die Gassen und wollen zum Diebesturm, dem einzigen noch erhaltenen Turm der alten Stadtbefestigung um Bad Sooden-Allendorf. Man kann ihn schon bei der Anfahrt mit dem Zug sehen und man könnte sich sicherlich einen fantastischen Überblick über die Stadt verschaffen. Auf die Frage, wie man zum Turm kommt, bekamen wir gleich noch die Antwort, dass der Turm geschlossen sei und man den Schlüssel bei der Stadtverwaltung bekommt. So ein Pech aber auch. Jugendliche hatten Flaschen in die angrenzenden Gärten geworfen, woraufhin der Turm geschlossen wurde. Ich bin ein wenig traurig und wütend auf die Jugendlichen,  weil ich solche Aussichten einfach liebe.

Brunnen vor dem Tore und Wilhelms-Höhe

Ohne Überblick gehen wir weiter durch das Steintor und kommen zum besungenen „Brunnen vor dem Tore“. Hier, an der alten Linde, die 1912 bei einem Orkan umgestürzt ist und 1914 nachgepflanzt wurde, soll Wilhelm Müller den Text zum bekannten Volkslied, von Franz Schubert vertont, entstanden sein. Nachdem wir zur Belustigung aller Passanten die erste Strophe gesungen hatten, wanderten wir weiter, raus aus dem Ort, rein ins Grüne. In der Ferne sehen wir Schloss Rothestein und schon stehen wir neben Wilhelms-Höhe, einer kleinen Gaststätte mit großer Terrasse und fantastischer Aussicht Richtung Schloss Rothestein und ins Werratal. Wir kehren ein und genießen eine üppige Vesperplatte mit verschiedenen hausgemachten Wurstwaren und frischem Graubrot. Dazu ein Aperol. Nachdem die Sonne untergegangen war, wurde es frisch und mit beginnender Dämmerung traten wir den Rückweg nach Bad Sooden-Allendorf an. Zurück im Eulennest, machten wir es uns vor dem Haus mit Wein und Chips bequem und quatschten noch eine ganze Weile.

Am Brunnen vor dem Thore
Da steht ein Lindenbaum:
Ich träumt’ in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.

Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud und Leide
Zu ihm mich immer fort.

Ich mußt’ auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab’ ich noch im Dunkel
Die Augen zugemacht.

Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier findst Du Deine Ruh’!

Die kalten Winde bliesen
Mir grad’ in’s Angesicht;
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.

Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör’ ich’s rauschen:
Du fändest Ruhe dort!

Gedichtzyklus „Winterreise“ von Wilhelm Müller, von Franz Schubert vertont.

Regionales Frühstück

Samstagmorgen, kein Wecker klingelt. Trotzdem sind wir recht zeitig wach. Ich wollte meinen lieben Freunden Nordhessen im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen und hatte Rosinenbrot aus Hessisch Lichtenau in der Markthalle gekauft. Dazu gab es selbstgemachte Marmeladen, Butter aus dem Uppland, Stadthonig aus Kassel und Apfelsaft aus dem Landkreis Kassel. Der kleine Tisch war üppig gedeckt und wir genossen das regionale Frühstück draußen vorm Haus. Nach dem Essen machte ich eine kleine Erkundungstour. Neben dem Tinyhouse steht eine alte Mühle. Da bei einem der Gebäude durch die Wand das Wasser floss, wollte ich mir das genauer ansehen. Aber wenn ich was verbotenes mache, also eine Mauer übersteigen, dann steht grundsätzlich sofort jemand neben mir und blöckt mich an. So war auch hier meine Erkundungstour schnell zu Ende, allerdings war ich nicht schnell genug im Haus, denn ich wurde in ein langes, anstrengendes Gespräch verwickelt. 

Am späten Vormittag starteten wir zu unserem Stadtspaziergang durch Bad Sooden, doch zuvor machten wir noch einen Abstecher zur Stadtwarte in Allendorf oberhalb unserer Unterkunft. 

Bad Sooden

Gradierwerk, Badehaus und Pumpenhaus

Dann gings los über die Werrabrücke in den Ortsteil Bad Sooden zum Gradierwerk. Es wurde 1638 erbaut und ist als einziges von vierzehn Gradierbauten erhalten. In Bad Sooden wurde vermutlich schon in germanischer Zeit Salz gewonnen. Über mehrere Jahrhunderte war Salz die wesentliche Einnahmequelle der Bevölkerung. Erst im 19. Jahrhundert, als der Abbau von Steinsalz zunahm, verlor die Gewinnung von Salz über die Salinen und Gradierbauten an Bedeutung. Jedoch entdeckte man in dieser Zeit die heilende Wirkung von Salzbädern und der Inhalation und erschloss die Orte für’s Kurieren. 1818 wurde das erste Badehaus neben dem Gradierbau errichtet. Im Jahr 1905 wurde zum letzten Mal Salz gesiedet. Das pyramidenartige Bauwerk neben dem Gradierbau ist das Pumpenhaus.

Södertor, Salzmuseum, Pfennigstube und Salzamt

Wir spazieren weiter zum Södertor, welches 1705 errichtet wurde. Es war ehemals die einzige Durchfahrt nach Sooden für Salz-, Holz- und Kohlefuhrwerke. Zeitweise befand sich hier ein Gefängnis für Salzschmuggler und heute das Salzmuseum (Sa und So 14-17 Uhr). Leider hatte es noch nicht geöffnet, als wir vorbei kamen. So bummelten wir weiter durch die Gassen, vorbei an der Pfennigstube aus dem 17. Jahrhundert und dem Salzamt aus dem 18. Jahrhundert. Im ehemaligen Salzamt befindet sich heute die Touristinformation. 

Premiumweg P7 „Söder Wald“

Nun wollten wir noch ein wenig wandern gehen. Ich hatte entdeckt, dass der Premiumweg P7 “Söder Wald” recht dicht an Bad Sooden vorbei führt. Söder verweist schon darauf, dass dieser Weg die Spuren der Sälzer verfolgt. Von Bad Sooden aus führten mehrere Handelswege in alle Himmelsrichtungen, um den Transport des kostbaren “weißen Goldes” zu erleichtern. Das Salz wurde von der kleinen Stadt an der Werra bis an den Rhein, den Main, ins Thüringische und Fränkische transportiert und verkauft. Mit dem Abbau von Steinsalz, ging das Wissen um die alten Handelswege langsam verloren. Erst 1983 wurden einige dieser Wege rekonstruiert und als Wanderwege markiert. Sie sind mit einem S gekennzeichnet. Auf dem P7 erfährt man einiges Spannendes über die Geologie im Werratal. Wir hatten herrliches Wetter und für Ende September war es doch sehr verrückt im T-Shirt wandern zu können und trotzdem noch zu schwitzen. Die Sonne schien durch die bunt belaubten Bäume. Schöner hätte eine Herbstwanderung nicht sein können. Da wir einen Fußlahmen Freund zurücklassen mussten und der Hunger immer größer wurde, schafften wir nur einen kleinen Teil des Premiumwegs P7. Ich werde ihn ein andermal vollständig gehen. Der Vorgeschmack hat auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht. 

Zurück in Bad Sooden-Allendorf, kehren wir in die Klosterschänke ein, um einen Kaffee zu trinken und einen Kuchen zu essen. Begeistert waren wir nicht von der Qualität und so freuten wir uns auf das Abendessen: Wildgerichte im LR6.

Bibelgarten St. Crucis

Vor dem Abendessen machten wir noch eine Pause, in der jeder machen konnte, was er wollte. Ich spazierte noch einmal in den Bibelgarten, um die letzten blühenden Pflanzen zu fotografieren, aber auch trockene Disteln und die Bitterorange gaben hübsche Motive ab. Einen Blick in die Kirche St. Crucis habe ich auch noch geworfen. 1527 wurde die Kirche unter Landgraf Philipp dem Großmütigen reformiert. Philipp war neben Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen eine der führenden Persönlichkeiten des Schmalkaldischen Bundes, der im Heiligen Römischen Reich politisch-militärisch den Protestantismus durchsetzte. 1606 gab es unter Landgraf Moritz dem Gelehrten eine zweite Reformation. Im Sinne des Calvinismus wurden aus allen Kirchen Bilder und Zierrat entfernt. Die übrige Zerstörung erfolgte im Dreißigjährigen Krieg. Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Kirche als Hallenkirche wiederaufgebaut. Die calvinistische Schlichtheit ist bis heute erhalten geblieben. Ein letztes Zeugnis der Romanik findet man noch an der Südwand des Langhauses. 

Abendessen im LR6 und Werratal-Therme

Durch die Fachwerkgassen bummelte ich zurück zur Unterkunft und nach einem kurzen Mittagsschlaf gings los zum Abendessen. Das LR6 ist ein kleines Lokal in der Langen Reihe Nr. 6, daher kommt der Name LR6. Jeder von uns hatte sich ein Wildgericht bestellt. Es war alles klassisch zubereitet und gar nicht schlecht. Doch das Beste stand noch bevor: der Besuch der Werratal-Therme. Drei Stunden Salzwasser, Wellenbad, Sauna mit Aufguss, Inhalation am Gradierbau und Entspannung, es war herrlich. Das Erholungsprogramm gönnen wir uns zu zweit. Die anderen machten es sich mit Wein in der Unterkunft gemütlich. Als wir zurückkamen, war es schon ganz ruhig und die Anderen lagen im Bett. So ging der zweite Tag zu Ende.

Schloss Rothestein

Auch den dritten Tag starteten wir ohne Wecker. Wir besorgten Brötchen bei einer kleinen Traditionsbäckerei Meders Backparadies. Es ist vermutlich die einzige, die sonntags in Allendorf geöffnet hat, aber sie scheint auch sehr beliebt zu sein, denn es stand eine lange Menschenschlange davor. Zurück im „Eulennest“ gab es Frühstück. Wir bummelten in den Tag hinein und entschlossen uns dann zu einem Spaziergang zur Schloss Rothestein. 1891 bis 1884 errichtete Freiherr von und zu Gilsa auf einer abgegangenen mittelalterlichen Burganlage eine Burg in neugotischem Stil. Wir wussten, dass man die Burg als Lost-Place nur im Rahmen einer Führung von innen sehen kann, aber wir hatten die Hoffnung, einmal drum herum laufen zu können. Weit gefehlt. Das einzige, was wir von der Burg sehen konnten, waren ein paar Zinnen und ein Türmchen, vom Weg aus und das auch nur, weil auf einer größeren Fläche die Bäume fehlten. Wir standen also vor verschlossenen Tor und mussten unterrichtete Dinge umkehren. 

Café Feldmann in Bad Sooden und Abreise

Zurück in Bad Sooden kehrten wir ins Cafe Feldmann am Landgraf-Philipp-Platz ein. Die Terrasse war sonnenbeschienen und so genossen wir ein letztes gemeinsames Essen im Freien. 

Nachdem wir unsere sieben Sachen in der Unterkunft gepackt und den Schlüssel zurück gegeben hatten, gings noch einmal zur Schlagd an der Werrabrücke. Von hier aus wurde das Salz auf der Werra und Weser bis nach Bremen transportiert. Wir versenkten zum Abschied unsere Laubkronen in der Werra, wünschten ihnen eine gute Reise und stellten uns vor, dass wir uns irgendwann dort, wo sie an Land gespült werden, wieder treffen. Auf Wiedersehen, Bad Sooden-Allendorf!

Hip Bag „Wetterstein“ von Steinkauz

[WERBUNG] Die Hip Bag „Wetterstein“ von Steinkauz hat mich das ganze Wochenende begleitet. Die Bauchtasche aus Loden trägt sich sehr angenehm um die Hüfte, aber auch über die Schulter. Besonders begeistert mich, was alles da rein passt: Trinkflasche (1/2 Liter), Messer, Geldbörse, Hausschlüssel, Lippenpflege, Sonnenbrille, Prospekte. Auch für kleinere Wandertouren ist die Tasche dadurch gut geeignet.